Nachruf auf Hans König – einen Wegbereiter der Inklusion
Am 25. April verstarb nach schwerer Krankheit Prof. Hans König, ehemaliger Landtagsabgeordneter, Behindertensprecher der SPÖ Wien und Vorsitzender der gemeinderätlichen Behindertenkommission.
Da er sich aus gesundheitlichen Gründen 1995 aus der Landespolitik zurückgezogen hatte, wurde es um ihn persönlich in seiner Stadt Wien sehr still – dabei hat er sich in zahlreichen Bereichen wegweisend für die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingesetzt.
Hans König begann seine politische Tätigkeit als Landtagsabgeordneter im Jahr 1983 und wurde im selben Jahr Vorsitzender der 1981 gegründeten „Gemeinderätlichen Behindertenkommission“ der Stadt Wien. Entgegen so vieler anderer Kommissionen und Arbeitskreise war es das Verdienst von Hans König, dass diese „Gemeinderätliche Behindertenkommission“ zahlreiche wegweisende Entscheidungen ermöglicht hat. Aufgrund seiner persönlichen Vorgeschichte hörte er sensibel und interessiert zu, wenn ihm Lebensumstände und Anliegen von Menschen mit Behinderung geschildert wurden. Er sprach mit den Menschen, besuchte Organisationen und Selbsthilfegruppen und scheute nicht davor, auch unangenehme Themen und Fragen aufzugreifen.
So etwa im Bereich Wohnen. Aufgrund steigenden Vormerklisten erhoben die Organisationen Lebenshilfe Wien und Jugend am Werk 1985 Bedarfsschätzungen und forderten die Errichtung von 1000 Wohnplätzen innerhalb der nächsten 15 Jahre. Darüber hinaus wurde die Einbeziehung weiterer neuer und auch kleinerer Trägerorganisationen gefordert, um die Nachfrage an Wohnangeboten erfüllen zu können. Die Abgeordneten Karl Lacina und Hans König stellten sich damals demonstrativ hinter diese Forderung und erreichten die Gründung der „ARGE Wohnplätze für behinderte Menschen“ im Frühjahr 1986. Anlässlich der Veranstaltung „25 Jahre Gründung ARGE Wohnplätze“ im Jahr 2011 erinnerte sich Hans König an diese Zeit und die Frage der Finanzierung: „Das man sagt ‚ja, wir machen eh wieder einen Ball oder eine Veranstaltung und sammeln dort mit der Büchse!‘, das hat mir so zutiefst weh getan. Es gibt doch Rechte! Und das war auch meine politische Einstellung, die Solidargemeinschaft hat das Geld herzugeben und nicht irgendeine Punschhütte, wo man sich ansäuft für behinderte Leut‘. Und dann hieß es ‚Wir brauchen in den nächsten 15 Jahren so um die 1000 Wohnplätze.‘ und ich habe mir gedacht: ‚15 Jahre? Pff, das erlebe ich nicht!‘. Dann habe ich gesagt – so wie man Karten spielt: ‚Nix -10 Jahre!‘. Da war ein gewisses Erstaunen und das hat mir gut gefallen. Ich habe mir gedacht ‚na, jetzt sticht einmal die Politik und nicht die Gescheiten.‘ Und gut war es – geschehen ist es! Das war das Wichtige, das hat mich stolz gemacht.“
Hans König wurde Vorsitzender der ARGE Wohnplätze und seine Auseinandersetzungen unter anderem mit dem damals mächtigen Wiener Finanzstadtrat Hans Mayr und den Beamten in diesem Ressort waren legendär. Er setzte mehrmals gegen alle Widerstände Veränderungen durch und ein Kollege beschrieb ihn damals so: „Hans König kann bei den Beamten so Dampf machen, dass man den Dampf schon aus ihren Ohren sieht.“ Im Laufe der Zeit beteiligten sich 16 Organisationen an Programm und die 1000 Plätze wurden erreicht, später noch um 350 aufgestockt und zusätzlich 130 Plätze im Rahmen des Psychatrieausgliederungsprogramms geschaffen, ehe die ARGE Wohnplätze im Jahr 2005 aufgelöst wurde.
Die ARGE Wohnplätze fand auch international viel Anerkennung und in die Wirkungszeit von Hans König als Vorsitzendem der Gemeinderätlichen Behindertenkommission fielen unter anderem auch das Entstehen der Interessenvertretung der behinderten Menschen, die Gründung der „ARGE Bürger in Not“ sowie der „ARGE Frühförderung“, der er gemeinsam mit der späteren Landtagspräsidentin Prof. Erika Stubenvoll vorstand. Weitere Meilensteine waren die Einführung einer behindertengereichten Bauordnung, sein Einsatz für die Umsetzung barrierefreier Zugangsmöglichkeiten für öffentliche Verkehrsmittel in Wien, die Initiierung und Führung des Arbeitskreises „Arbeit für Menschen mit Behinderung“ im Rahmen des Österreichischen Komitees für Soziale Arbeit (ÖKSA) und die aktive Förderung der Wahrnehmung von Anliegen von Menschen mit Behinderung.
Hans König hatte in vielfältiger Weise Bezug zu Jugend am Werk und war ein wichtiger, aber auch berechtigt kritischer Ansprechpartner. Er hat seine hohen Ansprüche an Qualitätssicherung und die Rechte der Nutzer:innen von Dienstleistungen vehement und erfolgreich eingefordert und bedeutend zur Verbesserung der Angebote beigetragen. Mit Walter Schaffraneck, von 1986 bis 1994 Geschäftsführer der ARGE Wohnplätze und von 1995-2016 Geschäftsführer von Jugend am Werk, verband ihn eine ehrliche Freundschaft.
Sein Humor, seine ehrliche Menschlichkeit und sein Gespür für die wesentlichen Fragen werden fehlen, aber sein Wirken bleibt unvergessen. Danke, Hans König!